16. Oktober 2023 Interview mit Klaus Berka: Erfolgsgeschichte Analytik Jena

Im bm|t‑Interview wird es die­ses Mal magisch: Wir tref­fen Klaus Berka, Grün­der und lang­jäh­ri­ger Unter­neh­mens­chef der Ana­ly­tik Jena AG, im Mär­chen­wald Saal­burg. Im Erleb­nis­park, den er 2019 über­nom­men hat, ganz in der Nähe der Blei­loch­tal­sperre, arbei­tet der 74-jäh­rige inzwi­schen als Geschäftsführer.

Zum 20-Jäh­ri­gen Jubi­läum der bm|t bli­cken wir auf die Anfangs­zeit der Ana­ly­tik Jena zurück. Die Idee zur Grün­dung kam dem gelern­ten Che­mie­la­bo­ran­ten noch wäh­rend sei­ner Zeit bei der Carl Zeiss Jena GmbH.

Die Grün­dung der Ana­ly­tik Jena GmbH im Früh­jahr 1990 gehört zu den ers­ten Fir­men­grün­dun­gen in der Wen­de­zeit. Wie ging es los?

Die Wen­de­jahre waren eine bewe­gende Zeit mit vie­len Umbrü­chen. Aber ich habe es auch als Chance gese­hen, denn ich und meine Arbeits­kol­le­gen bei Zeiss, Wal­ter Maul sowie Jens Ado­mat, hat­ten ver­schie­dene Ideen. Die gin­gen anfangs gar nicht immer in die Rich­tung der Ana­ly­se­tech­nik. Auch als Taxi­fah­rer habe ich mich kurz­fris­tig gese­hen (lacht). Am Ende haben wir aber ent­schie­den, wir machen das was wir am bes­ten kön­nen: Wir grün­den eine Ver­triebs­firma für Ana­ly­se­mess­ge­räte. Im ers­ten Schritt haben wir West-Fir­men ange­schrie­ben, um das Inter­esse für deren Ver­trieb im Osten abzu­fra­gen. Wir hat­ten eine gute Reso­nanz. Dann ging alles ganz schnell und wir haben am 24. April 1990 mit der Num­mer HRB 27 die Ana­ly­tik Jena GmbH in das Han­dels­re­gis­ter ein­tra­gen las­sen. Und am 1. Mai 1990 haben wir auf eige­nen Füßen gestanden.

Was waren die nächs­ten Meilensteine?

Der Ver­trieb für drei Fir­men aus dem Wes­ten lief sehr gut an, aber wir haben schnell fest­ge­stellt, dass wir auch eigene Pro­dukte brau­chen. Mit der Ilmen­auer Firma IDC Lan­ge­wie­sen sind wir schon 1993 unsere erste Betei­li­gung ein­ge­gan­gen, um eigene Pro­dukte zu ver­kau­fen und auch zu ent­wi­ckeln. Ein ganz wich­ti­ger Mei­len­stein folgte im Jahr 1995. Wir hat­ten die Mög­lich­keit die Labor­ana­ly­se­tech­nik der Carl Zeiss Jena GmbH zu kau­fen. Im Dezem­ber 1995 wur­den die Ver­träge unter­schrie­ben. Wir hat­ten Ver­ant­wor­tung für For­schung und Ent­wick­lung, für Fer­ti­gung eige­ner Pro­dukte und zusätz­lich 30 Zeiss-Mit­ar­bei­ter über­nom­men. Plötz­lich waren wir nicht mehr nur ein Ver­triebs­un­ter­neh­men, son­dern auf einem Schlag ein Unter­neh­men mit gro­ßer Infra­struk­tur. Das war eine große Her­aus­for­de­rung – auch finan­zi­ell. Wir muss­ten zur Finan­zie­rung viele per­sön­li­che Bürg­schaf­ten auf­neh­men. Und ich sage mal so: Bei der aller­ers­ten Unter­schrift unter einer Summe von 500.000 Euro hat die Hand schon recht ordent­lich gezit­tert (lacht). Spä­ter als das Volu­men auf 8 Mil­lion – jeweils für beide Gesell­schaf­ter – ange­stie­gen war, saß die Unter­schrift dann locker und per­fekt! Die Summe lag damals jen­seits unse­rer Vor­stel­lung­kraft. Aber wir haben an uns geglaubt.

Im Jahr 2000 erfolgte der Bör­sen­gang der Ana­ly­tik Jena. Wie haben Sie diese Zeit empfunden?

Im Jahr 1998 sind wir der Jen­op­tik AG auf­ge­fal­len, die sich kurze Zeit spä­ter an uns betei­ligt hat. Im dama­li­gen Finanz­vor­stand Alex­an­der von Witz­le­ben hat­ten wir aber auch einen guten Bera­ter, der uns einen Bör­sen­gang nahe­ge­legt hat. Große Thü­rin­ger Unter­neh­men, wie die Inter­shop AG oder die Carl Zeiss Medi­tec AG, mach­ten es uns vor. In die­ser Zeit haben die Jenaer Unter­neh­men viel erlebt. Knapp 10 Jahre nach der Grün­dung führ­ten wir am 2. Juli 2000 den Bör­sen­gang durch. Damit konn­ten wir uns von den Inves­to­ren viel Geld holen – ins­be­son­dere auch um den inter­na­tio­na­len Ver­trieb voranzubringen.

Stich­wort Inves­to­ren: Wie konnte die bm|t unterstützen?

Die Betei­li­gung der bm|t war für uns eine unglaub­lich gute Ent­schei­dung. Wir sind schnell gewach­sen. Bei meh­re­ren Kapi­tal­erhö­hun­gen war die bm|t für uns immer ein wich­ti­ger Ansprech­part­ner, aber auch das Netz­werk zu Jen­op­tik und Zeiss hat gehol­fen. Für uns war die Betei­li­gung der bm|t immer ein wich­ti­ger Fak­tor, der uns bör­sen­no­tier­ten Thü­rin­ger Unter­neh­men viel Rücken­de­ckung gege­ben hat. Was die bm|t für das Land Thü­rin­gen tut, ist sehr wich­tig und wert­voll. Das Team um Kevin Ree­der macht einen tol­len Job. Die­ses Lob möchte ich an die­ser Stelle gerne aussprechen.

Wie ging es nach dem Bör­sen­gang weiter?

Wenn man wach­sen will, muss man sich brei­ter auf­stel­len. Hier­für haben wir ent­spre­chende Struk­tu­ren in For­schung und Ent­wick­lung geschaf­fen. Beim Bör­sen­gang im Jahr 2000 spielte neben der klas­si­schen Ana­ly­tik, mit der wir groß gewor­den sind, auch der Life-Sci­ence-Bereich eine Rolle. Wir began­nen Geräte für die­sen wach­sen­den Markt zu ent­wi­ckeln. Spä­ter wag­ten wir uns sogar in den hart umkämpf­ten Real­time-PCR- Markt vor. Aus­ge­zahlt hat sich das dann spä­ter als die Corona-Pan­de­mie die Welt in Atem hielt.

In den Fol­ge­jah­ren nach dem Bör­sen­gang haben wir zahl­rei­che Unter­neh­men in das Port­fo­lio akqui­riert. Auch eine Firma in den USA wurde erwor­ben, um den Ein­tritt in den welt­größ­ten Markt umzu­set­zen. Mit der Tech­no­lo­gie-Akquise im Bereich „Mas­sen­spek­tro­no­mie“ haben wir eine wich­tige Pro­dukt­tech­no­lo­gie  in unse­rem Port­fo­lio ergänzt. So hat sich die Ana­ly­tik Jena Schritt für Schritt zu einem inter­na­tio­na­len Unter­neh­men mit einem Umsatz von über 100 Mil­lio­nen Euro entwickelt.

Sie haben sich im Jahr 2016 aus dem ope­ra­ti­ven Geschäft zurück­ge­zo­gen. Was war bei der Unter­neh­mens­über­gabe für Sie beson­ders wichtig?

Ich war damals 67 Jahre alt und wollte die Unter­neh­mens­über­gabe auf jeden Fall beglei­ten, solange ich noch fit bin. Denn die Über­gabe vom Grün­der an den neuen CEO ist ein sen­si­bler Schritt für alle Betei­lig­ten. Anschlie­ßend sollte aber auch ein sau­be­rer Schnitt gezo­gen wer­den, denn ich glaube es ist nicht opti­mal, wenn der Grün­der noch ganz lange mit dabei ist.

Mein Rück­zug war aber gemein­sam mit der Endress+Hauser Gruppe sehr gut vor­be­rei­tet. Die Schwei­zer haben Ana­ly­tik Jena im Jahr 2013 in einer schwie­ri­gen Phase über­nom­men. Das war unser gro­ßes Glück, denn die Unter­neh­mens­gruppe inves­tiert in den Thü­rin­ger Stand­ort und die Marke „Ana­ly­tik Jena“ wurde wei­ter­ge­führt. Dafür bin ich dem Manage­ment der E+H Gruppe sehr dankbar.

Wor­auf sind Sie beson­ders stolz?

Man muss den Mut haben etwas zu tun. Ich hatte immer Ideen – auch heute noch. Es geht um den Mut, Ent­schei­dun­gen zu tref­fen und man muss als Unter­neh­mer bereit sein, Risi­ken ein­zu­ge­hen. Und ein biss­chen Glück gehört auch dazu. Wir sind natür­lich auch durch Tiefs gegan­gen, aber auch hier hat uns unser Inves­tor Endress+Hauser den Rücken immer gestärkt und freigehalten.

Womit ver­brin­gen Sie heute Ihre Freizeit?

Wer ras­tet, der ros­tet. Und das möchte ich nicht. Ich brau­che Men­schen um mich herum. Ein zwar zeit­auf­wen­di­ges aber stol­zes Ehren­amt war in den letz­ten 6 Jah­ren den FC Carl Zeiss Jena e.V. als Prä­si­dent zu ver­tre­ten. Wei­ter­hin hatte ich einige wis­sen­schaft­li­che Bei­rats – und Auf­sichts­rats­man­date, wie z.B. Mit­glied im Hoch­schul­rat der EAH Jena oder Kura­to­rium des Leib­niz Insti­tut IPHT Jena. Aktu­ell bin ich als Geschäfts­füh­rer im Mär­chen­wald Saal­burg am Thü­rin­ger Meer tätig. Ich bin ganz in der Nähe in Schloss Burgk groß­ge­wor­den. Hier im Frei­zeit­park Mär­chen­wald kön­nen sich die Besu­cher für ein paar Stun­den in die Mär­chen­welt „ent­füh­ren“ las­sen. Zusätz­lich gibt es Fahr­ge­schäfte und ein Tier­ge­hege, das für Abwechs­lung sorgt. Aber auch ich fühle mich hier sehr wohl, denn man hat immer freund­li­che und für ein paar Stun­den glück­li­che Men­schen um sich herum. Wei­ter­hin bin ich auch noch Haupt­ge­sell­schaf­ter eines klei­nen Unter­neh­mens aus Leip­zig, das Dia­gnos­tik-Kits – zum Bei­spiel zur Erken­nung von Par­kin­son oder Alz­hei­mer – ent­wi­ckelt, her­stellt und ver­treibt. Inso­fern bin ich nach wie vor immer noch ziem­lich aktiv. So fühle ich mich wohl. Ich bin kein Typ für den Gar­ten (lacht).

Vie­len Dank für das Gespräch und alles Gute für die Zukunft!

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