18. Juli 2022 Interview mit SmartDyeLivery: Nanotherapie für schwer behandelbare Erkrankungen

Neue The­ra­pie­mög­lich­kei­ten für bis­her nur schwer behan­del­bare Erkran­kun­gen: Das Jenaer Start-up Smart­Dye­Li­very GmbH ent­wi­ckelt eine Platt­form­tech­no­lo­gie, die mit­hilfe von Nano­par­ti­keln bestimmte Wirk­stoffe gezielt an die Stel­len im Kör­per trans­por­tiert, wo sie benö­tigt wer­den. Damit kön­nen Erkran­kun­gen the­ra­piert wer­den, für die es bis­lang kaum Behand­lungs­op­tio­nen gab. Im Inter­view spre­chen wir mit Geschäfts­füh­rer Dr. Marc Leh­mann und bm|t‑Investmentmanager Ste­fan Jahn über die Früh­phase der Unter­neh­mungs­grün­dung und wor­auf es beim Invest­ment ankam.

Herr Jahn, was hat das Start-up denn so beson­ders gemacht?

Ste­fan Jahn: Ich kann mich noch gut erin­nern, denn damals habe ich den Pro­zess noch als Junior-Invest­ment­ma­na­ger beglei­tet. Der erste Kon­takt kam über Prof. Dr. Ulrich Schu­bert, Mit­grün­der von Smart­Dye­Li­very. Er hat uns die Idee vor­ge­stellt, aber 2014 fehlte noch jemand, der das Manage­ment im Unter­neh­men über­nimmt. Die drei Grün­der hat­ten alle einen Haupt­job, den sie nicht auf­ge­ben woll­ten. Das war die erste maß­geb­li­che Bedin­gung von uns: Es muss ein fähi­ges Manage­ment gefun­den wer­den – was dann in Per­son von Dr. Leh­mann auch schnell besetzt wurde. Wich­tig war uns außer­dem ein Kon­zept, wohin es mit dem Unter­neh­men gehen soll sowie das Vor­han­den­sein von Paten­ten. Letzt­lich ent­spra­chen auch die Markt­ab­schät­zung und das Markt­po­ten­zial den Erwar­tun­gen eines Inves­tors. Die Fokus­sie­rung des Start-ups lag außer­dem erst mal auf einer Indi­ka­tion, in die­sem Fall dem sep­ti­schen Leber­ver­sa­gen. Das war ebenso ein wich­ti­ger Punkt, denn am Unter­neh­mens­stand­ort in Jena ist ein star­kes Sep­sis- und Wis­sen­schafts­netz­werk vor­han­den, sodass sich Smart­Dye­Li­very in vor­han­dene Infra­struk­tur ein­mie­ten konnte. Beson­ders junge Unter­neh­men haben anfangs in der Regel nicht das Kapi­tal, um sich Gerät­schaf­ten in die­sem Seg­ment zu beschaffen.

Wie ging es dann weiter?

Ste­fan Jahn: Wir gehen in die­ser Phase der Unter­neh­mens­grün­dung dann auch mit dem Unter­neh­men gemein­sam auf die Suche nach pas­sen­den Co-Inves­to­ren. Nicht weil wir uns allein nicht trauen, son­dern weil wir in die­ser Früh­phase öffent­li­ches Kapi­tal zur Ver­fü­gung stel­len, wel­ches mit pri­va­ten Kapi­tal gematcht wer­den muss. Das ist der for­male Aspekt. Aber es gibt natür­lich auch noch andere Gründe, warum man gerne mit wei­te­ren Kapi­tal­ge­bern inves­tiert. So gibt es anfäng­lich einen Plan, der plau­si­bel aus­sieht. Auf dem Weg in Rich­tung Ziel gibt es aber immer Unwäg­bar­kei­ten, auf die man vor­be­rei­tet sein sollte. Hier­für emp­fiehlt sich also ein Puf­fer, um bestimmte Nach­fi­nan­zie­run­gen leis­ten zu kön­nen. So wird letzt­lich auch der nächste Mei­len­stein erreicht, der ein Invest­ment für wei­tere Inves­to­ren inter­es­sant macht. Zudem brin­gen wei­tere Kapi­tal­ge­ber auch ergän­zende Exper­tise mit, die für das Unter­neh­men hilf­reich sein kann.

Marc Leh­mann: Gerade im Bereich „Life­sci­ence und Pharma“, der sehr kos­ten­in­ten­siv ist, kommt man in die Situa­tion, in der man wei­tere Inves­to­ren benö­tigt. Gemein­sam mit der Spar­kasse Jena-Saale-Holz­land hat uns die bm|t zunächst eine Start­fi­nan­zie­rung ermöglicht.

Was war Ihnen vor Start­fi­nan­zie­rung wichtig?

Marc Leh­mann: Für uns war eine faire Behand­lung ganz wich­tig. Zu Beginn eines Grün­dungs­vor­ha­bens bli­cken alle in gewis­ser Weise immer erst mal in die Glas­ku­gel, auch wenn die Idee, der Markt sowie das kli­ni­sche Pro­blem gut beschrie­ben sind und Erfolg ver­spre­chen. Mit der bm|t hat­ten wir immer gute und faire Diskussionen.

Wie konnte die bm|t dar­über hin­aus unterstützen? 

Marc Leh­mann: Für uns war es beson­ders wich­tig, in der bm|t einen Spar­rings­part­ner zu haben, der für pri­vate Inves­to­ren Exper­tise und Bran­chen­kennt­nis signa­li­siert. Über die­sen Hebel haben wir es geschafft, mess­ba­res pri­va­tes Kapi­tal in unsere Unter­neh­mung zu holen. Wir haben ein­fach ein unfass­ba­res Glück, über ein Netz­werk aus Inves­to­ren, von der Spar­kasse über bm|t und STIFT hin zu Pri­vat­in­ves­to­ren, zu ver­fü­gen, die unsere Idee tra­gen und auch wis­sen, dass die­ses Vor­ha­ben nicht in zwei Jah­ren zum Exit führt.

Wie haben Ihnen Grün­dungs­preise und Events auf Ihrem Weg geholfen?

Marc Leh­mann: Den Inno­va­ti­ons­preis Thü­rin­gen haben wir 2015 gewon­nen, noch bevor wir die erste Finan­zie­rungs­runde über­haupt abge­schlos­sen haben. Inhalt­lich hat uns der Preis gehol­fen, weil wir einen gewis­sen Bekannt­heits­grad erlangt haben. Der Inno­va­ti­ons­preis ist im deutsch­land­wei­ten Ver­gleich auch sehr hoch dotiert. Inso­fern kam das Preis­geld in Höhe von 20.000 Euro nicht unge­le­gen. Auch heute nut­zen wir die Aus­zeich­nung noch, auch für die Außen­dar­stel­lung und zur Gewin­nung zukünf­ti­ger Investoren.

Seit es uns gibt, prä­sen­tie­ren wir uns außer­dem bei den Inves­tor Days Thü­rin­gen. Nicht nur um neue Inves­to­ren anzu­spre­chen, son­dern um auch unsere pri­va­ten Inves­to­ren zu tref­fen, die durch das Event regel­mä­ßig den Weg in unsere Gegend fin­den. 2022 waren wir als Wachs­tums­un­ter­neh­men dabei. Es ist ein tol­ler Treff­punkt, auch um über den Tel­ler­rand hin­aus­zu­bli­cken. Wie prä­sen­tie­ren sich andere Start-ups? Was gefällt mir gut daran? Was kann ich noch bes­ser machen?

Wie sehen Invest­ment­run­den nach der Start­fi­nan­zie­rung aus?

Ste­fan Jahn: Bei Life­sci­ence-The­men, wie sie die Smart­Dye­Li­very bedient, haben wir gewisse inhalt­li­che Mei­len­steine, die man gut trig­gern kann. Wir schauen von Anfang an, wie viel Kapi­tal benö­tigt wird, um die ein­zel­nen Mei­len­steine zu errei­chen. Jeder Mei­len­stein ist außer­dem ein wich­ti­ger Anhalts­punkt für die Akquise poten­zi­el­ler neue Inves­to­ren. Wenn wir schon in einer frü­hen Phase zu der Ein­schät­zung kom­men, dass unsere Mit­tel und die der Co-Inves­to­ren nicht aus­rei­chen, um den nächs­ten wich­ti­gen Mei­len­stein zu errei­chen, dann wür­den wir gar nicht erst inves­tie­ren – auch wenn der Markt und das Geschäfts­mo­dell noch so gut sind.

Marc Leh­mann: Unsere Idee wurde an der Uni­ver­si­tät gebo­ren und hat in spä­te­ren Ver­su­chen gezeigt, dass dar­aus ein funk­ti­ons­fä­hi­ges Pro­dukt ent­wi­ckelt wer­den kann. Das war das Ziel der ers­ten Finanzierungsrunden.

Ende 2021 haben Sie sich eine wei­tere Finan­zie­rung in Mil­lio­nen­höhe gesi­chert. Wie sind Ihre Visio­nen für die Zukunft? 

Marc Leh­mann: Das Pro­dukt funk­tio­niert in den bis­he­ri­gen Unter­su­chun­gen wie gewünscht und kann im gro­ßen Maß­stab pro­du­ziert wer­den. Nun muss die­ses Pro­dukt aber auch umfang­reich im Tier­mo­dell und spä­ter am Men­schen getes­tet wer­den und unter­liegt zahl­rei­chen regu­la­to­ri­schen Anfor­de­run­gen. Dazu gehö­ren soge­nannte prä­kli­ni­sche Tes­tun­gen, die erfolg­reich been­det wer­den konn­ten, aber auch die ers­ten Tes­tun­gen am Men­schen, in die eine grö­ßere Summe der letz­ten Finan­zie­rungs­run­den fließt. Am Ende der aktu­el­len Phase geht es darum zu zei­gen, dass unsere Tech­no­lo­gie sicher ist, was letzt­lich eine rie­sige Wert­stei­ge­rung für uns dar­stellt. Wenn diese Phase ebenso posi­tiv ver­läuft, hat unser Unter­neh­men zwei Optio­nen: Mit­hilfe von Inves­to­ren kön­nen wir in einem wei­te­ren Mei­len­stein tes­ten, ob die Tech­no­lo­gie am erkrank­ten Pati­en­ten wirk­sam ist. Zum ande­ren kön­nen wir aber auch über Lizen­sie­run­gen oder ver­schie­dene Exit-Sze­na­rien nachdenken.

Vie­len Dank für das Gespräch!

Mehr zu För­der­mög­lich­kei­ten im Life­sci­ence-Bereich sowie dem Wer­de­gang von der uni­ver­si­tä­ren Lauf­bahn zur Manage­ment-Funk­tion, erzählt Dr. Marc Leh­mann im #TAB­in­ter­view.

News-Archiv