Wer kennt es nicht: knifflige Situationen, Prüfungen oder Punktspiele – wenn man nicht mehr weiter weiß, wünscht man sich ein Zuraunen im Ohr. Der in Thüringen erfundene „Coachwhisperer“ macht genau das und hilft dem Trainer und der Sportlerin bei der Kommunikation im Flüsterton.
Die Jenaer Coachwhisperer GmbH bietet das weltweit erste Live-Kommunikations- und Überwachungssystem für Trainer und Sportler, bestehend aus einer innovativen Kombination aus Hardware und Software, die es Trainern ermöglicht, während des Live-Trainings nahtlos mit einer beliebigen Auswahl von Spielern zu kommunizieren und gleichzeitig die Vitalfunktionen und Statistiken der Spieler zu überwachen. Aufgrund der hochinnovativen tragbaren Sensoren des Unternehmens ist Coachwhisperer in vielerlei Hinsicht eine Kombination aus einem Med-Tech- und Sport-Tech-Unternehmen. Coachwhisperer startet in Kürze im europäischen Fußball, wo die Gründer über ein hervorragendes Netzwerk verfügen, und wird sich dann schnell auf andere Sportarten ausdehnen. Auch überzeugende Anwendungen außerhalb des Sports sind Teil des geplanten Wachstums in den kommenden Jahren. bm|t führte diese siebenstellige Runde an, die sich auf die Fertigstellung der Technologie der nächsten Generation und den ersten Markteintritt konzentrierte.
Wir sprachen mit dem Erfinder und CEO Philipp Zacher.
Wie kommt man auf solche Idee?
Ich hatte die Idee damals 2015. Sport war schon immer meine Passion. Ich habe Fußball gespielt, Basketball und Sport auf Lehramt studiert. In allen Rollen war ich mit beiden Seiten konfrontiert, ob als Spieler oder als Trainer. Ich war auf der Suche nach einer Technik, mit der man seine Spieler einfach in Echtzeit erreicht und damit auch die perfekte Förderung betreiben kann. Ich bin auf ein gutes System beim American Football gestoßen. Im Helm ist ein Lautsprecher verbaut. In Deutschland haben wir aber kaum Sportarten mit Helm, erst recht nicht in den Sportarten, mit denen ich groß geworden bin.
Wie werden aus Ideen auch Taten?
Nach vielen Recherchen und Gesprächen war die Technik damals noch nicht ausgereift, und ich hatte noch das Problem, dass ich noch eine zweite Idee für eine Selbständigkeit hatte. Ich hätte gern das Schulsystem reformiert (lacht). Den Unterricht muss man anders gestalten, indem man Themenfelder lehrt. Dann unterrichtet man nicht Bio oder Englisch, sondern Klimawandel. An diesem Thema behandelt man Industrielle Revolution und im gleichem Atemzug Wirtschaft, Geschichte und vieles mehr.
Also Daniel Düsentrieb oder Melanchthon. Am Ende hat Ihr technischer Erfindergeist gewonnen?
Während Corona habe ich mich von früh bis spät weitergebildet, um an dem Thema weiterzuarbeiten. Konzepte mussten her. Irgendwann war ich so weit, zum Jenaer Gründungsservice zu gehen und um strukturierte Hilfe zu bitten. Ich suchte nach Möglichkeiten, wie ich jetzt starten kann und wer einem dabei alles noch helfen kann und wie man Förderungen beantragt. Letztendlich wurde ich Stipendiat des Thüringer Existprogramms und erhielt ein Jahr lang Unterhalt und gründete in Corona-Zeiten meine Firma. Das ist wirklich nicht einfach, mit Kontaktbeschränkungen jemanden zu treffen, Mitarbeiter zu akquirieren und die Partner zu finden.
Was hat denn letztendlich den Ausschlag gegeben, dass es in die technische Richtung ging?
Das ist eine sehr, sehr gute Frage, da dass auch ein langer Zwiespalt war, der mich gehemmt hat. Alles zu geben und dabei alles aufzugeben, hat eine große Tragweite. Damals hat es auch niemand verstanden, weder meine Freunde und erst recht nicht meine Eltern.
Vor allem in dieser Zeit!
Richtig. Sie müssen wissen, meine Eltern sind beide Pädagogen und sie haben gedacht, ich bin verrückt geworden.
Jetzt liegt Ihr Produkt hier auf dem Tisch. Wie wird es weiter gehen?
Wir haben gerade verschiedene Test mit verschiedenen Bundesligisten. Aber nicht nur im Fußball, sondern auch andere Sportarten zeigen Interesse. Und im Oktober wollen wir unser Produkt an den Markt bringen. Die Nachfrage ist sehr groß. Das haben wir im Juni auf der größten Messe in Deutschland, die vom DFL und DFB zum Thema Sportinnovation organisiert wird, erlebt. Im Stadion von Fortuna Düsseldorf trafen wir die High Society des Fußballs und sprachen mit René Adler oder Mario Götze. Es wurden drei Spiele im Champions-League-Finalniveau organisiert, und man testete alle möglichen Technologien in drei Kategorien. Zum einen Broadcasting, also alles was mit Zukunft von Fernsehformaten zu tun hat, zum anderen Fan-Management und als drittes Sporttechnologie. Unsere Technologie wurde ausprobiert. Was für eine Ehre.
Und wie fand man Ihren flüsternden Trainer?
Bei diesem Spiel hat die U19-Mannschaft von Borussia Mönchengladbach gegen die U23-Auswahl vom FC Köln gespielt. Der Trainer war Mike Hanke und stand mit Headset an der Seitenlinie und hat unsere App mit Trainingsmodulen und Coachwhisperer ausprobiert. Er war total begeistert. Die Begeisterung geht bis über den Teich. Von der NFL, dem Trainer des Superbowl-Gewinners John McRay. Er hat von uns gehört und uns gesehen und fand es super. Er möchte unser Produkt in den USA nutzen.
Euer Knopf im Ohr, das Hearable, ist nicht nur ein Trainer, sondern auch ein Mediziner. Er kann Körpermessungen vornehmen. Warum ist das besser als eine Smartwatch?
Smartwatches sind nicht in der Lage, in einer hohen Frequenz und hoher Qualität zu liefern, da das Handgelenk kein guter Ort für eine Messung ist. Wir kennen es im Winter, wenn Handgelenke und Füße kalt sind. Das einzig Gleichwarme ist der Kopf, weil er gut durchblutet ist und da setzen wir auch mit unserer Messung an – im Ohr, aber mit dem selben Verfahren einer Uhr und zeigen auf, in welcher Belastungszone sich der Spieler befindet. Blutrate, Sauerstoffsättigung bis hin zur zukünftigen Blutdruckmessung, wie eine Manschette, werden durch die Iode und die LED durch den Trainer gemessen. Dadurch ergeben sich natürlich viele Möglichkeiten weit über den Sport hinaus, unseren Hearable zu tragen.
Tut es weh, so einen Knopf im Ohr zu tragen?
Nein. Er ist auch sehr weich und verletzungsunanfällig. Man muss sich komplett von der Vorstellung eines Kopfhörers lösen. Denn mit Kopfhörern bin ich in meiner eigenen Welt und nehme die Umwelt gar nicht mehr hundertprozentig wahr. Aber im Teamsport muss ich alles mitbekommen können und der Gleichgewichtsinn sollte nicht gestört sein. Wir haben extra geforscht, wie groß muss unser Coachwhisperer sein, so dass die Geräusche auch von außen nach innen gelangen.
Wir haben dazu noch ein zweites Produkt entwickelt, falls einer den Coachwisperer nicht tragen kann oder soll. Das ist die sogenannte Soundweste. Das bedeutet der Coach kann mit einzelnen Spielern oder dem gesamten Team kommunizieren. Auf den Schulterblättern sind die waschbaren Lautsprecher integriert. Man trägt es einfach wie in Sport-BH unter seinem Trikot.
Wie viel muss man dafür auf den Tisch legen?
Es kommt darauf an. Es gibt Lösungen, die sind technisch sehr hoch entwickelt und damit auch teurer. Es lohnt sich außerdem die Frage, wie viele Personen damit ausgerüstet werden sollen. Man kann auch unseren Coachwhisperer leasen oder in Raten zahlen.
Wie groß ist Ihre Unternehmensmannschaft?
Wir waren im Gründerteam zu dritt. Heute sind wir 23 Mitarbeiter und es ist eine tolle Mannschaft. Die Idee trägt uns aller hier. Wir haben viele Sportfanatiker unter uns und manche sind hier, wegen unserer Kultur oder der Chance, Erfahrungen sammeln zu können. Mit Geld würden wir die Leute nicht bekommen.
Jena liegt Ihnen am Herzen. Engagieren Sie sich?
Unser Team ist über ganz Deutschland verteilt, aber die meisten sind hier vor Ort. Wir sind gerade in neue Büros gezogen und unser Spirit soll hier auch Platz haben und spürbar sein. Jena ist unser „place to be“, denn schließlich sind wir hier auch gestartet.
Vielen Dank fürs Gespräch.